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Modegeschichte

Tartan

Mode und Tradition

Zeichnung: verschiedene Varianten des Kilts

Tartan - ein Webmuster

Tartan ist ein Webmuster, bei dem verschieden farbige Garne in der Köperbindung Twill so verwoben werden, dass ein Karomuster entsteht. Meist besteht das Karomuster aus einem breiterem Grundkaro und einem feineren Überkaro.
An den Kreuzungsstellen der Karos scheint es, als ob sich die verschiedenen Farben vermischen und optisch ein neuer Farbton entsteht. Ein Tartan Rapport wird „Sett“ genannt.
Traditionell wird Tartan aus einem Kammgarn aus Schurwolle gewoben.

Geschichte

Der Begriff stammt vom französischen „tartaine“, der farbig karierte Wollstoffe beschreibt. Das alte gälische Wort für Tartan, „breac“, bedeutet kariert, bunt.
Vor allem in Nordamerika bezeichnet heute das Wort „plaid“ eine Tartanmusterung, während „plaid“ im 16. Jahrhundert in Schottland eine große Wolldecke bezeichnete, die, mehrmals um den Körper gewickelt und gegürtet, die Vorgängerin des Kilts war. Der Kilt, eine Art Wickelrock, der vorne glatt fällt und im Rückenteil aufwendig gefältelt ist, entwickelte sich vermutlich im 17. Jahrhundert aus dem Plaid und darf bis heute traditionell nur von Männern getragen werden. Frauen trugen ihre Kleider jedoch häufig ebenso aus Stoffen in Tartanmusterung.

Die ältesten Stofffragmente mit Tartanmusterung wurden in China gefunden und auf 3.400 v. Chr. datiert. Populär wurde Tartan allerdings als traditionelles Muster auf der Kleidung (vor allem auf Kilts, bzw. Plaids) der schottischen Highland-Clans, wobei der älteste schottische Tartan, das „Falkirk Sett“, aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. stammt.

Typisch schottisch?

Stoffe mit Tartanmusterungen gibt es jedoch nicht nur in Schottland – auch in einigen asiatischen Ländern, wie z.B. Indien und Sri Lanka gehören karierte Sarongs oder Lungis zur traditionellen Männerkleidung und werden auch heute noch getragen. Auch die Massai, die vor allem im Süden Kenias und Norden Tansanias leben, tragen große karierte Decken als traditionelle Männerkleidung.
In Nordamerika wird Tartan, vor allem als Hemdenstoff, als einfache Arbeitsbekleidung getragen.
Vermutlich gelangte der Tartan im 18. und 19. Jahrhundert durch britische Kolonialisten in die verschiedenen damaligen Kolonien des Vereinigten Königreichs und durch schottisch-britische Immigranten nach Nordamerika.

Clan-Zugehörigkeit

Dass die schottischen Tartans eine bestimmte Clan-Zugehörigkeit markieren, ist historisch nicht belegt. Viel mehr gab die Anzahl der verwendeten Farben Auskunft über die gesellschaftliche Stellung und somit des Reichtums des Trägers oder der Trägerin. So durften Bedienstete nur einfarbige Kleidung tragen, Lehnbauern zweifarbige Tartans, Offiziere dreifarbige Tartans, Stammesfürsten fünffarbige Tartans. Dichter und Druiden durften sechs verschiedene Farben tragen und nur Könige sieben verschiedenfarbige Tartans.
Desweiteren gab es verschiedene Tartans für bestimmte Anlässe, wie z.B. „Dress Tartans“ für festliche Anlässe, „Mourning Tartans“ für Trauerfälle und „Military Tartans“ für die Uniformen der schottischen Armee.

Nichtsdestotrotz ähnelten sich die Tartans in einer Region in ihrer Farbigkeit, da hauptsächlich vor Ort vorhandene pflanzliche Farbstoffe verwendet wurden.

Die Jakobiten und der Dress Act

Die Zuordnung bestimmter Tartans in spezieller Abfolge von Farben zu einzelnen Clans begann erst im 17. Jahrhundert.

Aufgrund eines religiösen Konflikts um die englische Thronfolge kam es im 17. und 18. Jahrhundert zu blutigen Kämpfen zwischen den prokatholischen Anhängern der Familie Stuart als rechtmäßige Thronfolger - den Jakobiten - und den anglikanisch-protestantisch geprägten Unterstützern der englischen Eliten.
Da die Familie Stuart in Schottland tief verwurzelt war, wurde der religiöse Konflikt unter nationalistische Aspekten auch zwischen den verschiedenen schottischen Clans ausgetragen, obwohl diese eigentlich meist protestantisch waren.
Während der Aufstände der Jakobiten sollten einerseits die Kämpfer von verfeindeten Clans klar zuzuordnen sein und andererseits das Zusammengehörigkeitsgefühl durch das Tragen eines bestimmten Tartans gestärkt werden.

Der erste offiziell registrierte Tartan war 1739 das „Black Watch Sett“, das das Black Watch Regiment der britischen Armee als Uniform trug und die aufständischen Jakobiten kontrollierte.

Um die Jakobiten, bzw. die jakobitischen Clans in den Highlands und deren Kultur zu schwächen und Frieden zu erreichen, wurde 1746 der „Dress Act“ erlassen, der das Tragen von Tartan unter Strafe stellte und eine Umdeutung des Tartans erzielen sollte:
bis der Dress Act 1782 zurück gezogen wurden, durften ausschließlich Soldaten der Highland Regimente der britischen Armee Tartan tragen. Tartan wurde so bei Mitgliedern des Militärs hoch beliebt und viele Veteranen ließen sich nostalgisch in Tartan Uniform porträtieren.

Die 1778 gegründete Highland Society of London erreichte 1782 die Abschaffung des Dress Act und Tartan und Kilt wurden umgehend zur schottischen Nationalkleidung erklärt. Die Highland Society of London begann außerdem 1815 alle offiziellen Clan-Tartans zu registrieren und viele Clans fingen dann erst an, ihrem Clan einen eigenen Tartan zuzuordnen.

Heute wird das offzielle „Scottish Register of Tartans“ von der schottischen Regierung mit einer ausführlichen online Datenbank geführt. Es können dort alle registrierten Tartans nachgeschlagen und ein neuer, eigener Tartan registriert werden.

Ambivalenter Tartan

Während der relativ kurzen Zeit des Dress Act wurde Tartan als typisches Muster der unterdrückten aufständischen Rebellen populär und wird seitdem von verschiedensten gesellschaftlich marginalisierten Gruppen und Subkulturen selbstermächtigend getragen, wie z.B. von den britischen Punks seit den 1970er Jahren, in der Grunge Subkultur während der 1990er Jahre, von den „Rednecks“, bzw. weißen Arbeitern in den USA als Holzfällerhemd oder in queer-feministischen Kreisen als Kontrast zum hypermaskulinen toxischen Machotum derselbigen Rednecks.

Andererseits wurde Tartan ebenfalls im späten 18. Jahrhundert in der britischen Oberschicht und beim Militär beliebt und somit ein Symbol für die Bewahrung traditioneller Hegemonie der gesellschaftlichen Eliten und deren Nationalismus. Tartan wird so seit dem 18. Jahrhundert und bis heute regelmäßig von den britischen Royals, als Musterung auf königlichen Gewändern oder traditionell als Kilt getragen.
In den britischen Kolonien galt Tartan vermutlich als Musterung der Unterdrücker und viele Sklaven wurden wahrscheinlich dazu gezwungen, Stoffe mit bunter Tartanmusterung zu tragen, um besser erkennbar zu sein.
Gleichzeitig fühlten und fühlen sich auch einige Schotten und Schottinnen oder Menschen mit schottischer Abstammung von England unterdrückt, bzw. versuchen, durch das Tragen von Tartan eine Verbindung zu ihren Wurzeln zu erreichen und auszudrücken.

In der Mode hat Tartan spätestens seit den 1970er Jahren einen festen Platz, bzw. regelmäßige Revivals. Vivienne Westwood verwendet sehr häufig Tartan in ihren Designs und gilt damit sogar als die Erfinderin der Punk-Mode. Natürlich hat sie auch einen eigenen registrierten Tartan.
Alexander McQueen nutzte seine schottischen Wurzeln und die Geschichte Schottlands oft als Inspiration für seine Kollektionen und verwendete darin ebenfalls viel Tartan.
Ebenso trifft man in den Kollektion von Rei Kawakubo und Junya Watanabe, sowie vielen anderen DesignerInnen immer wieder auf modisch-avantgardistische Interpretationen in Tartan.

Konträr zu den verrückten Tartan Designs einiger High-Fashion Labels wird Tartan auch bei vielen luxuriösen Heritage-Brands sehr klassisch verwendet, wie z.B. bei Burberry, Barbour, Pringle of Scotland oder Ralph Lauren.

Die bekanntesten Tartans heute sind der Royal Stewart Tartan - der persönliche Tartan Elisabeths der II, der Black Watch Tartan und der Burberry Tartan - seit 1984 der registrierte Tartan der Firma Burberry.

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