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Maßschneiderei und der Kompromiss Maßkonfektion

Vorteile maßgeschneiderter Kleidung

Die großen Vorteile von maßgeschneiderter Kleidung sind die sehr persönliche und ausführliche Behandlung und Beratung, die perfekte Passform und die Umsetzung von individuellen Wünschen und Ideen im Design.

Die Anfertigung maßgeschneiderter Kleidung

Die Anfertigung von maßgeschneiderter Bekleidung beginnt mit einem persönlichen Gespräch. Das Erstgespräch dient dem gegenseitigen Kennenlernen in ruhiger und lockerer Atmosphäre. Außerdem werden individuelle Ansprüche an das gewünschte Kleidungsstück besprochen, z.B. in Bezug auf Passform und Tragekomfort und ob es zu einem besonderen Anlass oder im beruflichen Alltag getragen werden soll.

Das Maßnehmen

Wenn in groben Zügen ein Bild vom gewünschten Kleidungsstück ermittelt wurde, kann die Kundin oder der Kunde aus einer Auswahl von Stoffmustern höchster Qualität einen geeigneten Stoff wählen.

Die Maßschneiderin oder der Maßschneider nimmt dann die individuellen Körpermaße auf und berücksichtigt dabei Einseitigkeiten und Besonderheiten der Figur.

Passgenauigkeit und bleibende Werte

Beim Maßnehmen werden 20 – 30 verschiedene Längen- und Weitenmaße des Körpers aufgenommen. Anhand eines komplexen Schnittkonstruktionssystems wird daraus später der individuellen Maßschnitt per Hand konstruiert.

In Deutschland gibt es drei verschiedene etablierte Schnittsysteme, allerdings perfektionieren und entwickeln viele Meisterinnen und Meister das persönlich angewandte Schnittsystem basierend auf Erfahrungswerten immer weiter.

In der Schnittkonstruktion werden nicht nur die gemessenen Längen- und Weitenmaße berücksichtigt, sondern auch wie diese in Proportion zueinander stehen.

Dadurch wird das maßgeschneiderte Kleidungsstück später perfekt passen, selbst wenn die Trägerin oder der Träger ein paar Kilo zu- oder abnimmt. Es wird ein persönliches Kleidungsstück mit bleibendem Wert geschaffen.

Die Anprobe

Bis das maßgeschneiderte Kleidungsstück fertig gestellt ist, muss die Kundin oder der Kunde etwas Zeit und Ruhe mitbringen und ein- bis zweimal zur Anprobe erscheinen. Dabei werden die Passform überprüft und schnitttechnische Details festgelegt, wie z.B. die Lage der Taschen und Knopflöcher oder die genaue Kragenform.

Bei sehr komplexen Schnitten oder Körperformen können daraus auch in seltenen Fällen drei oder mehr Anproben werden. Das Kleidungsstück soll später schließlich passgenau sitzen und die Maßschneiderin oder der Maßschneider wird sich dementsprechend ausreichend Zeit nehmen.

In einem klassischen Maßatelier werden die Kleidungsstücke direkt vor Ort in der eigenen Werkstatt angefertigt. So können Änderungen sehr schnell und flexibel umgesetzt werden. Je nach Arbeitsweise und Handschrift des Ateliers wird das maßgeschneiderte Kleidungsstück recht aufwendig, handwerklich und somit zeitintensiv verarbeitet. Meistens beherrscht ein gutes Maßatelier verschiedene Verarbeitungsmethoden und kann sich so auch nach den Wünschen der Kundschaft richten.

Der Abholtermin

Je nach Auftragslage und Flexibilität der Kundin oder des Kunden bezüglich der Anprobentermine dauert der Fertigungsprozess ca. 4 Wochen bis zum Abholtermin. Beim Abholtermin wird das maßgeschneiderte Kleidungsstück noch einmal kurz anprobiert. Wenn alle mit Passform, Verarbeitung und Details zufrieden sind, kann das maßgeschneiderte Kleidungsstück mit nach Hause genommen werden und der Trägerin oder dem Träger lange Zeit Freude bereiten.

Konfektionskleidung als Kontrast zur Maßanfertigung

Konfektionskleidung von der Stange als Kontrast zu maßgeschneiderter Kleidung passt dem Durchschnittsmenschen und gefällt dem Durchschnittsgeschmack.

Proportionen und Maße der Konfektion werden anhand von Reihenmessungen und Durchschnittswerten ermittelt, alle zehn oder zwanzig Jahre werden diese überprüft und korrigiert. Naturgemäß entsprechen die meisten Menschen mit ihrer individuellen Körperform nur teilweise den Durchschnittswerten der Konfektion, Konfektionskleidung passt demnach mehr oder weniger schlecht.

Große Modeketten und auch Luxuskonzerne sind von hohen Verkaufszahlen abhängig. Deshalb orientieren sich die Designerinnen und Designer meist an internationalen Trends, es wird eine gefällige und erprobte Gestaltung gewählt und vieles, was auf dem Laufsteg gezeigt wird und in den Läden hängt, ähnelt sich stark.

Problematisch sind dabei neben Passgenauigkeit und angemessenem Design natürlich die Qualität der Konfektionskleidung, die auf Kosten der Quantität oft auf der Strecke bleibt, die sozialen und ökologischen Bedingungen, unter denen diese Kleidung hergestellt wird und die langfristigen Auswirkungen auf Mensch und Natur.

Maßkonfektion – ein guter Kompromiss?

Maßkonfektion versucht einen Kompromiss zu schließen zwischen Maßschneiderei und Konfektion und verspricht das Beste von beidem: perfekte Passform, höchste Qualität in Materialauswahl und Verarbeitung, individuelle Gestaltung der Kleidungsstücke und das alles zu einem unschlagbar günstigen Preis.

Die Vorteile maßgeschneiderter Bekleidung erfüllt die Maßkonfektion aber nur bedingt.

Zunächst handelt es sich bei Maßkonfektionären selten um inhabergeführte Fachgeschäfte, sondern um Ketten mit mehreren Filialen. Die Angestellten sind demnach häufig mehr Verkäuferinnen und Verkäufer, als erfahrene und hochspezialisierte Handwerkerinnen und Handwerker, was selbstverständlich die handwerkliche Kompetenz beim Maßnehmen und während der Anproben beeinflusst.

In der Maßkonfektion wird zudem kein individueller Maßschnitt konstruiert, sondern ein bestehender Konfektionsschnitt gewählt, der am ehesten den individuellen Maßen der Kundin oder des Kunden entspricht. Überprüft wird dies im Geschäft eines Maßkonfektionärs anhand von Schlupfmodellen.

Später werden am Konfektionsschnitt einige figurspezifische Änderungen vorgenommen, Einseitigkeiten oder andere Besonderheiten können dabei selten berücksichtigt werden.

Die Anzahl der Anproben ist genau definiert, meist gibt es nur eine Anprobe. Beim Abholtermin muss das Kleidungsstück bezahlt und mitgenommen werden, selbst wenn es nicht zufriedenstellend sitzt.

Eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten

Die Maßkonfektion ist in der Gestaltung der Kleidungsstücke sehr eingeschränkt. Die Kundin oder der Kunde kann sich aus einer Art Baukastensystem das maßkonfektionierte Kleidungsstück zusammenstellen. Meist werden eher konservative und sehr klassische Businessanzüge für Herren und Businesskostüme, bzw. Businessanzüge oder Etuikleider für Damen angeboten. Details wie Kragenform, Saumlänge oder Taschenlage sind dabei variabel.

Auch die Materialauswahl ist eingeschränkter als in einem Maßatelier. Auch wenn die großen Maßkonfektionäre teilweise ihre Stoffe bei denselben traditionsreichen Webereien beziehen, wird sich nur ein inhabergeführtes Maßatelier die Mühe machen und nach dem einen ganz speziellen Stoff, den sich die Kundin oder der Kunde wünscht, recherchieren.

Keine Anfertigung vor Ort

Das maßkonfektionierte Kleidungsstück wird, je nach Preislage, in einer Produktionsstätte in Osteuropa, der Türkei oder in Deutschland gefertigt. Für die Anprobe, eventuelle Änderung und die Fertigstellung wird es mehrmals hin- und hergeschickt. Im Maßkonfektionsgeschäft gibt es meistens keine eigene Werkstatt. Kleinere Änderungen oder Reparaturarbeiten, die eine Kundin oder ein Kunde eines Maßateliers selbstverständlich an ihrer Maßgarderobe von der Meisterin oder dem Meister vornehmen lassen, können beim Maßkonfektionär gar nicht durchgeführt werden.

Günstigere Preise?

Gerade der Preis ist bei vielen Maßkonfektionären leider eine Mogelpackung. Mit Schleuderpreisen wird die Kundschaft ins Geschäft gelockt, diese Preise sind aber an ganz bestimmte Bedingungen gekoppelt (z.B. die günstigsten Materialien und die einfachste Ausführung). Je nach Anbieter und Ausführung liegt das Sortiment im mittleren bis gehobenen Preissegment, die Differenz zu einer Maßanfertigung ist dabei teilweise gering.

Ausschlaggebend ist der persönliche Anspruch

Ob sich jemand nun für Konfektionsware von der Stange, ein maßkonfektioniertes Kleidungsstück, oder eine Maßanfertigung entscheidet, hängt vom persönlichen Anspruch und Geschmack ab und der Bereitschaft Zeit und Geld zu investieren.

Den Genuss, als individueller Mensch mit eigenen Wünschen und Körpermaßen wahrgenommen zu werden, die sehr persönliche Beratung in ruhiger Atmosphäre, die fachliche Kompetenz einer hochspezialisierten Meisterin oder eines Meisters und den Fertigungsprozess eines handwerklichen Produktes in höchster Qualität erfährt allerdings nur die Kundschaft eines Maßateliers.

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